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Artikel

Auf den Spuren des Bauhauses

Rezeption und Wirkung in Brasilien

Alexander Altberg, Deckblatt des Ausstellungskatalogs der 1° Salão de Arquitetura Tropical (1933),
Fotocollage der Häuser Alexandre Altbergs und Gregori  Warchavchiks,
Foto: Archiv PRO-ARQ UFRJ.

Durch die starke deutschsprachige Minderheit und deren aktive Arbeit in der Kulturschaffung und Kulturvermittlung im Geist der Moderne scheint die Anwendung der Formensprache des Bauhauses, vor allem in der ersten Phase der brasilianischen Moderne, eine beachtliche Rolle gespielt zu haben. Erst mit der Gleichsetzung der deutschen Kultur mit dem Nationalsozialismus und der daraus resultierenden zunehmenden Intoleranz machte sich ein starker Bruch dieser architektonischen und kulturellen Aktivitäten bemerkbar. In Brasilien setzte sich in dieser Zeit die Moderne, die auf den Prinzipien Le Corbusiers aufbauend Anerkennung fand, endgültig durch. Die Impulse des Bauhauses jedoch, die jahrelang nicht wahrgenommen werden sollten, wurden bis dahin nicht nur rezipiert, sondern auch neu- und weiterinterpretiert und in eine eigene Formensprache weiterentwickelt.

Das Bauhaus aus brasilianischer Perspektive – Le Corbusier vs. Gropius

Es gibt keine eine “Bauhaus-Architektur”. Diese Arbeit versucht jedoch nicht den Einfluss eines einheitlichen „Bauhausstils“ aufzuzeigen, sondern die Impulse aus dem engeren Umfeld des Bauhauses zu identifizieren, um auf eine Unterscheidung bzw. eine Abgrenzung zwischen der deutschen und der französischen Moderne (oder auch zwischen dem durch das Bauhaus propagierten Neuen Bauen und Le Corbusier) aufmerksam zu machen. Dieser Ansatz entstand aus der Einstellung der brasilianischen Forschung, die die Moderne unter den nahezu ausschließlichen Einfluss Le Corbusiers und insbesondere seines Programms „Fünf Punkte der modernen Architektur“ stellte. Es ist sicherlich schwierig, die verschiedenen Schulen der Moderne auseinanderzuhalten, vor allem da es viele Überschneidungen gab und eine detaillierte Genese der Provenienz nach wie vor ein aktiver Teil der Forschung ist. Und trotzdem gibt es innerhalb der Institutionen wie dem Bauhaus und ihm nahestehende Vereinigungen wie dem Ring gemeinsame Merkmale. Es sind Charakteristika wie z. B. das Eckfenster, die Interaktion zwischen geschlossenem und geöffnetem Raum der Flächen, das Sonne-Schatten-Spiel, das Verstecken des Eingangs, vorkragende Elemente oder die Betonung der Funktion der Volumen, die herausgestellt werden sollen und als Kriterien der Betrachtung dienen.1 Diese Auswahl an Baumerkmalen sind Beispiele dafür, dass sich viele architektonische Elemente erst vom Bauhaus aus zu entwickeln begannen und später oft zu beliebten Motiven des Neuen Bauens wurden.

Zu beachten ist auch, dass der Einfluss aus einer brasilianischen Perspektive betrachtet werden muss. Durch die Distanz und den lückenhaften Informationsfluss wird in Brasilien nicht zwischen einer Architektur Meyers oder Mays unterschieden, und kaum Zwischenschritte einer Entwicklung der europäischen Moderne wahrgenommen, sondern es wird schlicht als französischer (aka Le Corbusier) oder deutscher (aka Bauhaus bzw. Gropius) Einfluss kategorisiert. Die Arbeit zeigt die Unterschiede auf und eröffnet einen neuen Diskurs. Den Begriff des International Style wurde dabei gezielt vermieden, da es ein Begriff ist, unter dem Hitchcock versuchte, eine subjektive Auswahl weißer Kubenarchitektur unter einem Namen zu vereinen, dies aber keinesfalls auf die, wie Zukovsky formulierte „Vielfalt der Moderne in Deutschland“ zutrifft.2 Stattdessen wird der Begriff des Neues Bauens verwendet, der sicherlich Überschneidungen mit dem Internationalen Stil hat, aber trotzdem eine erweiterte und treffende Bezeichnung für die Betrachtung der deutschen Impulse in Brasilien ist.

Die Anfänge einer Brasilianischen Moderne

Die brasilianische moderne Architektur hat seit ihren ersten Schritten gegen Ende der 1920er-Jahre herausragende Objekte zutage gebracht und wird noch heute als Symbol einer eigenen architektonischen Identität gewürdigt. Sie wurde seit ihren Anfängen mit den ersten Ausstellungen moderner Häuser von Gregori Warchavchik in São Paulo und der Ausbildung der Escola Carioca um Lúcio Costa hauptsächlich unter Le Corbusiers Einfluss gestellt. In der Tat orientierten sich die Architekten zu Anfang der Moderne an verschiedenen Avantgarde-Kunstschulen, neben der französischen Moderne auch an der des deutschen Rationalismus, der vor allem durch die zahlreichen deutschsprachigen, häufig jüdischen Emigranten, die das Bauhaus oft als Manifestation ihrer eigenen Sache sahen, getragen wurde.

Eine Deutung und Zuordnung von Bauhaus-Einflüssen bleibt jedoch bis heute problematisch. Im Brasilien der zwanziger Jahre war das neuartige Programm des Bauhauses und die Namen der Architekten des Neuen Bauens weitgehend unbekannt. So wurden lediglich die wichtigsten Vertreter wie Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe oder Marcel Breuer und deren populäre Werke wahrgenommen und nicht das Gesamtkonzept der Schule, das ihnen den Antrieb gab. Wie auch noch heute, wurden schließlich sogar die Namen dieser Architekten und Designer synonym mit dem Bauhaus verwendet. Die Rezeption der Bauhaus-Prinzipien erfolgte dabei hauptsächlich anhand von wissenschaftlichen Publikationen – deutschen, internationalen und brasilianischen –, sowie durch Ausstellungen und die architektonische Ausbildung an der Escola National das Belas Artes (ENBA).

Der erste Unterricht der „Funktionalen Architektur“ an der ENBA, die die erste Generation engagierter Modernisten hervorbrachte, wurde durch den jungen Direktor Lúcio Costa im Rahmen einer Reform der Architekturausbildung initiiert. Das Bauhaus entsprach Costas Vorstellung einer perfekten Kunsthochschule. Doch es gelang ihm nicht gegen den Widerstand der Traditionalisten einen ebenso radikalen Plan während seines kurzen Direktorats durchzusetzen,3 auch wenn er zwei ausländische Architekten als Professoren für den Unterricht der „Funktionalen Architektur“ – Gregori Warchavchik und Alexander Buddeus – eingestellt hatte. Warchavchiks und Buddeus eigene Bauten weisen starke Parallelen zu Bauten von Walter Gropius auf, die dieser während seines Bauhaus-Direkorats plante und mit dieser speziellen Bauweise auch seine Studenten am Bauhaus beeinflusste. Wahrscheinlich hatten die beiden Architekten von Gropius’ Architekturverständnis bereits in Europa in den kursierenden internationalen Zeitschriften erfahren und sich hierdurch inspirieren und beeinflussen lassen. Mit ihrer Anstellung an der ENBA gewann Costas zwei Lehrer für seine Schule, die bereits als Architekten mit modernem Einfluss gearbeitet hatten und legte hiermit den Grundstein dafür, eine neue Generation moderner brasilianischer Architekten heranzubilden.4 Paulo Ferreira Santos, Architekturhistoriker und Zeitzeuge und in den 1930er- bis 40er-Jahren selbst Architekturdozent an der ENBA, berichtete: „Buddeus und Warchavchik machten die Schule zur echten Revolution“, die einen enormen Einfluss auf die junge Generation ausüben sollten.5 Zudem bestand der große Verdienst von Buddeus darin, dass er die deutschen Architekturzeitschriften Moderne Bauformen und Die Form in Brasilien einführte.6 Das Bauhaus wurde seit den Anfängen seines institutionellen Bestehens in der Presse lebhaft mitverfolgt und seine sozialen und kulturellen Dimensionen diskutiert.7 Moderne Bauformen und Die Form sowie auch die Zeitschrift Bauwelt zählten zu diesem Zeitpunkt zu den einflussreichsten deutschen modernen Architekturzeitschriften und spielten bei der Verbreitung der Ideen des Neuen Bauens und des Bauhauses eine wesentliche Rolle; seit 1929 wurden sie in den Bestand der Bibliotheken aufgenommenen und bald durch mehrere Institutionen im Land abonniert.8 Die brasilianischen Bibliotheken führten neben der konservativ ausgerichteten Deutschen Bauzeitung, die sich erst ab dem Jahr 1928 dem Trend in der Architektur beugte und vermehrt über das Neue Bauen berichtete, auch weitere Titel, die sich bereits seit den frühen zwanziger Jahren mit den Themen der Moderne beschäftigten, wie Der Architekt und Wasmuths Monatshefte für Baukunst. Überdies lassen sich eine Reihe technischer Architekturzeitschriften, unter anderem Beton und Eisen, Die Bautechnik, die Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure, Baumeister und Baugilde,9 wie auch einige Titel im Bereich der Kunst und kunsthistorischen Zeitschriften, unter anderem Deutsche Kunst und Dekoration, Das Kunstblatt und Der Querschnitt, aufzählen. Die Präsenz der deutschen Zeitschriften muss so dominant gewesen sein, dass Diógenes Rebouças, ein Architekt und Universitätsprofessor der Zeit, berichtete, dass die in den 1930er-Jahren in Brasilien zirkulierenden Zeitschriften alle deutsch gewesen seien.10

Auch in der internationalen Fachpresse wurde die architektonische Entwicklung in Deutschland erwartungsgemäß mit großem Interesse verfolgt.11 In Brasilien hatten verschiedene Institutionen ein insgesamt beachtliches Spektrum an internationaler architektonischer und kunstgeschichtlicher Fachpresse aus den USA, Frankreich und Großbritannien bezogen. In den wichtigsten Bibliotheken des Landes waren alle führenden internationalen Fachzeitschriften zugänglich: neben dem Architectural Record und Architectural Forum, die in dem Publikmachen von Bauhaus-Inhalten eine maßgebliche Rolle spielten, auch Architectural Review, L’architecture d’aujourd’hui, Pencil Point und The RIBA Journal.

In Bezug auf die Popularisierung der Ideen des Bauhauses spielten neben den Periodika auch wissenschaftliche Monografien und Fachbücher eine tragende Rolle. Unter den Publikationen der Bauhausmeister waren in Brasilien die Klassiker Die Internationale Architektur (1925) und The new Architecture and the Bauhaus (1934) von Walter Gropius sowie The New Vision, From Material to Architecture (1932) und telehor. Internationale Zeitschrift für visuelle Kultur (1936) von László Moholy-Nagy weit verbreitet. Zudem befanden sich im Bestand der wichtigsten Bibliotheken des Landes auch die Standardwerke der internationalen Spezialisten, die über das Bauhaus berichteten, wie Sigfried Giedions Befreites Wohnen und Walter Gropius, Henry-Russell Hitchcocks und Philip Johnsons The International Style: Architecture since 1922, Le Corbusiers Vers une architecture oder Catherine Bauers Modern Housing.12

Neben den öffentlichen Einrichtungen verfügten auch Privatpersonen über Zugang zur aktuellen Fachpresse und hatten zum Teil bemerkenswert umfangreich aufgebaute, eigene Sammlungen zusammengestellt. Es ist bekannt, dass sich in der Privatbibliothek von Lasar Segall, einem litauisch-jüdischen Expressionist und Familienmitglied Warchavchiks, sechs Ausgaben der Bauhausbücher befanden, unter anderem Internationale Architektur von Gropius und Ein Versuchshaus des Bauhauses in Weimar von Adolf Meyer.13 Interessanterweise befanden sich zwischen den leider kaum erhaltenen Positionen der Bibliothek Warchavchiks Titel wie Wie bauen? Materialien und Konstruktionen für industrielle Produktion von Heinz und Bodo Rasch aus dem Jahr 1928, oder Adolf Schnecks Türen aus Holz und Metall. Konstruktion und Maueranschlag von 1933.14 Die Architekten hatten also nicht nur Zugang zu den einschlägigen Publikationen und damit allgemeinen Positionen, sondern auch zu kleineren Auflagen und speziell ausgerichteten Fachbüchern. Hervorzuheben ist hier insbesondere die Sammlung des Architekturhistorikers Paulo Santos, der eine imposante Sammlung zur Bibliografie der Moderne besaß und dessen Nachlass heute eine spezialisierte Bibliothek für Architekturgeschichte ist.

Die Rezeption des Bauhauses in der brasilianischen Fachpresse

In der brasilianischen Fachpresse sind bis Ende der zwanziger Jahre nur vereinzelte Nachrichten über die neuen Trends zu finden. Im Land kursierten zu diesem Zeitpunkt nur wenige Fachzeitschriften, meistens in konservativer Ausrichtung, wie Architectura no Brasil ab 1921, A Casa ab 1924 und Técnica e Arte ab 1928.15 In den dreißiger Jahren stieg die Zahl moderner Zeitschriften im Land langsam an, allen voran A casa, die sich bereits 1929 unter dem Titel A Casa. Revista das construcções modernas neu aufstellte und sich mit den Themen wie Konstruktion, Handwerk und ferner Urbanismus befasste und ab 1930 in Artikeln mit Titeln wie „A architectura moderna no velho continente“ die moderne Bewegung in Europa begleitete.16

Eine weitere Zeitschrift, die Revista de Engenharia da Prefeitura do Distrito Federal (PDF), wurde ab dem Jahr 1932 herausgegeben und behandelte in erster Linie Beiträge und Diskussionen zu Problemen der Stadtplanung. Auf den Seiten der Zeitschrift wurden unter anderem neben der Vorstellung der Programme des CIAM auch ein Artikel Armando de Godoys (einem Architekten und Publizisten) über Gropius, der ihn als wichtige Referenz für die ein Monat zuvor stattgefundene Ausstellung des 1° Salão de Arquitetura Tropical erkannte, publiziert.17 Erwähnt werden sollte ebenfalls Arquitetura e Urbanismo, eine Zeitschrift, die ab dem Jahr 1936 erschien und neben den einschlägigen brasilianischen Projekten mehrere Werke des Neuen Bauens und insbesondere ausführliche Berichte über den sozialen Wohnungsbau zeigte. So wurde beispielsweise unter dem Titel „Apartamentos Económicos“ über die Siedlungen von Bruno Taut, Paul Mebes und Paul Emmerich in Berlin-Neukölln und von Bruno Taut in Berlin-Zehlendorf berichtet, oder in der Rubrik „Fotografias e Comentários de Viagens“ von großen Siedlungsprojekten wie die Berliner Siemensstadt, von Industriebauten, aber auch von kleinen Residenzen in der Peripherie der deutschen Hauptstadt, gesprochen.18

Zu Beginn der dreißiger Jahre bildete neben der A Casa die nur kurz bestehende Zeitschrift forma eine Ausnahme. Sie wurde in den Jahren 1930–32 durch Alejandro Baldassini und Emílio Baumgart mit Beteiligung von Di Cavalcanti und Gregori Warchavchik ins Leben gerufen und herausgegeben. Den Namen der Zeitschrift entliehen sie dem Namen der deutschen Zeitschrift Die Form und, ähnlich wie die etwas später erscheinende base von Alexandre Altberg, wurde auch forma in Anlehnung an das Universal-Alphabet, das Herbert Bayer 1925 für das Bauhaus entwickelt hatte, kleingeschrieben. Der Fokus der Zeitung lag in der Verbreitung der Ideen moderner Konstruktionsweisen und in technologischen Aspekten, hauptsächlich in Anlehnung an die deutsche Moderne, und ferner einer Bewerbung der Tätigkeit deutscher Vereinigungen wie der Pró-Arte. Die Pró-Arte, eine seit 1931 in Rio de Janeiro wirkende Gemeinschaft deutscher Künstler und Kunstfreunde, rief in den Jahren 1935–1980 eine eigene bilinguale Zeitschrift namens Intercâmbio (Austausch) ins Leben. Gründer der Pró-Arte und Herausgeber der Zeitschrift war Theodor Heuberger, der als Verfechter des Bauhauses bekannt war.19 In der ersten durch ihn organisierten Ausstellung im Jahr 1924 zeigte er in mehreren Städten Brasiliens die Werke der Münchener Neuen Secession und des deutschen Handwerks. Die Ausstellung nannte er Arte e Arte Decorativa Alemã (Deutsche Kunst und Kunsthandwerk), wobei er den Titel offenbar als Hinweis auf die Abschaffung der Grenzen zwischen bildender Kunst und Kunsthandwerk nach dem Vorbild des Bauhauses wählte.20 Mit der Anerkennung der kuratorischen Arbeit Heubergers folgten weitere Ausstellungen der deutschen Moderne, wie Arte Decorativa Alemã (Deutsches Kunsthandwerk) an der ENBA, in der trendsetzende Bauhaus-Designobjekte erst in Rio, später dann auch in São Paulo einem breitem Publikum präsentiert wurden.21 Die Zeitschrift Intercâmbio, die Heubergers kuratorische Arbeit im Land unterstützte, sollte als Austauschplattform von brasilianischer und deutscher Kunst und Kultur wirken, aber auch eine Brücke zwischen den verschiedenen Gattungen der Kunst schlagen. In der Zeit ihres Bestehens gelang es der Pró-Arte eine wichtige Rolle im Kulturleben Rios einzunehmen. Da die Künstlervereinigung einen gewissen Kultstatus in den Architekten- und Künstlerkreisen erreicht hatte, konnte sie eine starke Auswirkung auf die Verbreitung und Formung der brasilianischen Moderne erzielen.

Im Angesicht der wenigen Zeitschriften, die zu Anfang der dreißiger Jahre über die moderne Architekturbewegung berichteten, entschied sich der deutsch-jüdische Architekt und ehemalige Bauhaus-Student Alexandre Altberg eine eigene Zeitschrift unter dem Namen base – revista de arte, técnica e pensamento herauszugeben. Altberg war nicht nur der Hauptinitiator der Zeitschrift, sondern finanzierte die erste Ausgabe, schrieb mehrere Artikel, fotografierte die Werke und übernahm aus Kostengründen auch die Typografie. Auf diese Weise hatte er Einfluss auf die Gestaltung der Zeitschrift und nutzte ihn, um die Prinzipien der Bauhaus-Gestaltung anzuwenden. Die starke Anlehnung der base an die Bauhausbücher und an die dem Bauhaus nahestehende Zeitschrift die neue linie22 ist nicht zu leugnen. Altberg, der bereits über typographische Erfahrung durch die Teilnahme an der Redaktion des Katalogs zur Proletarischen Bauausstellung in Berlin und später an der für die brasilianische moderne Architektur besonders bedeutende Ausstellung, dem 1° salão de arquitetura tropical (1. Salon tropischer Architektur), verfügte, verwendete ausschließlich die Kleinschreibung, was am Bauhaus seit Einführung der Universalschrift von Herbert Bayer (1925) zum Programm gehörte: „wir schreiben alles klein, denn wir sparen damit zeit. außerdem: warum 2 alfabete, wenn eins dasselbe erreicht? warum großschreiben, wenn man nicht groß sprechen kann?“23 Als Schrift nutzte er neben der Kombinationsschrift von Josef Albers für Werbeanzeigen vorwiegend die „sturm blond“ des Bauhaus-Typographen Herbert Bayer – eine Schrift, der zwei geometrische Formen zu Grunde liegen: Kreis und Linie. Die Linie, als schwarzer, vertikaler oder diagonaler Balken, wird im Layout der base auch zur Betonung und Abgrenzung aufgegriffen.24 Den Inhalt setzte er in klar strukturierten Blöcken, wobei die Vertikalen und Horizontalen koexistieren und kontrastieren. Altberg versuchte in der Zeitschrift nicht nur die neue Architektur, oft am Beispiel eigener Bauten, zu präsentieren, sondern auch eine Verknüpfung zu Kunst und Handwerk herzustellen und von der Interaktion verschiedener künstlerischer Gattungen zu überzeugen.

Noch während der ersten Jahre in Rio bemühte sich Altberg als Architekt und Publizist die Bauhaus-Ideen zu propagieren und sah in der Verwendung der für Brasilien innovativen Formensprache offensichtlich eine Chance für seine Anerkennung als Architekt, dort „wo die Ideen immer noch sehr rar waren.“25 Sein Verdienst lag jedoch hauptsächlich in der publizistischen Vernetzung und Verbreitung der Inhalte der deutschen Moderne. Sowohl die Herausgabe der Zeitschrift base als auch des Katalogs des 1° salão de arquitetura tropical markieren Meilensteine im Prozess ihrer Veröffentlichung, wie auch wichtige Schritte in der Konstituierung der Ästhetik der Moderne.

Neues Bauen in Brasilien

Trotz des eifrigen Anfangs in Brasilien schaffte es Altberg nicht, sich dauerhaft als Architekt zu etablieren. Ähnlich wie Warchavchik resignierte er angesichts des antisemitischen Gegenwinds vor dem Kampf um Aufmerksamkeit der brasilianischen Auftraggeber und Kollegen, wenngleich sich das Bauhaus auch in Brasilien für die immigrierte Avantgarde zu einem Symbol der Freiheit und eines sozialdemokratischen Lebensstils entwickelte und die Anwendung der Bauhaus-Ideen Programm wurde. An diese Stelle können neben den Projekten wie die Casa Vertecz oder Casa Rua Joana Angélica von Altberg in Rio de Janeiro, das Instituto Normal da Bahia von Alexander Buddeus in Bahia,26 die Residência Gerhard H. W. Karl von Willy Stein und die Residência Johan Wihan von Robert Wihan im Süden des Landes,27 oder die durch deutsche Auftraggeber initiierten Projekte, wie die Residência Nordschild oder die Residência Max Graf des in São Paulo lebenden Architekten Warchavchik aufgezählt werden.28

Warchavchik, der in der Ukraine geboren und 1923 nach São Paulo ausgewandert war, lernte kurz nach seiner Einreise den Kreis der Modernisten kennen. In den folgenden Jahren errichtete er seine ersten, eindeutig an die Architektur des Bauhauses angelehnten Häuser.29 In diesen experimentierte Warchavchik intensiv mit dem einfachen Kubus, der durch Windfang-ähnliche, aus der Flucht der Fassade herausragende Bänder, ergänzt wurde. Die Fassade wurde asymmetrisch, dem Grundriss folgend konzipiert, was die unterschiedlichen Fensterformen betonte. Gleichermaßen wurden die unter anderem von Walter Gropius oft verwendeten Eckfenster übernommen, die den Blick des Betrachters um die Ecke weiterführten und zur Umrundung einluden. Die von Warchavchik angewandten Motive eines dezentralen Eingangs mit L-förmigen Bauelementen, die zum Beschreiten und Unterschreiten einluden, sowie die Interaktion zwischen geschlossenem und geöffnetem Raum der Flächen und ein Sonne-Schatten-Spiel waren weitere von Bauhaus-Architekten häufig angewandte Merkmale. Sie sind am besten am Beispiel des „Baukasten(s) im Großen“ nachzuvollziehen, ein Projekt, das spätestens seit der Ausstellung von 1923 und der Publikation Internationale Architektur von Gropius weltweiten Ruf erlangte.

Insbesondere die Residência Max Graf, in der sich Warchavchik dem Thema des Würfels näherte, zeigt hier ein interessantes Beispiel: Die Komposition der Residenz ist möglichst einfach gehalten und besteht aus einem Kubus. Das Haus hat beinahe die Form eines Würfels, dem ein L-förmiges Vordach vorgelagert ist, dem ein kleinerer Kubus gegenübergestellt und dessen Zugehörigkeit zum Gesamtkonzept durch eine Verbindungsmauer kenntlich gemacht wurde. Die Verteilung der Fensteröffnungen folgt dem Grundriss. Warchavchik verzichtete auf die Planung eines Flures; die Wohnbereiche wurden funktionell voneinander abgetrennt. Das Gesamtkonzept, die Gestaltung der Fassaden sowie die Disposition des Grundrisses und die formale Verbindung gegenübergestellter Volumina kann die Nähe zum Entwurf „Der Rote Würfel“ von Farkas Molnár nicht leugnen. Das Konzept, das in der Endphase des „Baukasten(s) im Großen“ entstand und schnell Anerkennung gewann, wurde sowohl auf der Internationalen Architekturausstellung von 1923 als auch in mehreren Veröffentlichungen von Gropius publik gemacht.30 Die Fassade des Max-Graf-Hauses war interessanterweise ebenfalls in rot und weiß gestrichen, was einmal mehr den Vergleich zum ikonischen Entwurf Molnárs ins Gedächtnis ruft.

links: Gregori Warchavchik, Residência Luiz Silva Prado, Rua Bahia, São Paulo 1930, Frontfassade, Foto: Arcoweb, Igor Fracalossi, Clássicos da Arquitetura: Casa Modernista da Rua Bahia/Gregori Warchavchik.
rechts: Walter Gropius, Haus Zuckerkandl, Weinbergstrasse 4a, Frontfassade, Jena 1927–1928, Foto: President and Fellows of Harvard College, Harvard Art Museums/Busch-Reisinger Museum, Gift of Walter Gropius, Object Number BRGA.26D.6.

Warchavchiks detaillierte Kenntnis der Architekturentwürfe einiger Bauhäusler und die Nähe seiner Formensprache zu der durch sie praktizierten Neuen Sachlichkeit wird aber vor allem am Beispiel der Residência Luiz Silva Prado deutlich. Der Rückgriff auf die Villa Zuckerkandl in Jena (1927–1929) von Walter Gropius ist nicht von der Hand zu weisen. Warchavchik komponierte die Villa auf die gleiche Weise wie Gropius aus unterschiedlich großen, leicht zueinander versetzten und sich durchdringenden Baukörper, wobei der niedrigere und breitere, mit einer Dachterrasse abgeschlossene Kubus durch Bandfenster und der höhere durch die die Ecke umlaufenden Terrassen gegliedert wurde. Weitere Fassaden wurden durch die asymmetrisch verteilten Fensteröffnungen, die dem inneren Aufbau folgten, gelöst. Die Fensterverteilung ergibt sich unmittelbar aus dem Grundriss und nicht aus der symmetrischen Gliederung – eine Gestaltung des Außenraums, bestimmt durch die Aufteilung des Innenraumes. Wie Gropius richtete Warchavchik die Residência Luiz Silva Prado nach der Topographie des Hanges aus – geöffnet mit vier und drei Stockwerken zur Aussicht hin und abgestuft auf drei und zwei Stockwerke zum Hang hin – und verwendete einen beinahe identisch ausgelegten Grundriss mit ähnlicher Verteilung der Zugänge. Zudem weist die brasilianische Villa Parallelen in der formalen Gestaltung, wie die Betonung der Horizontalen auf dem kleineren Körper oder die Vertikalität des Treppenhauses, vor.

Obwohl Warchavchik sich nach Enttäuschungen und antisemitischem Gegenwind aus der Architektur zurückzog, ist er als Pionier der modernen Architektur in Brasilien von immenser Bedeutung. Neben seiner Arbeit als Architekt publizierte er das erste brasilianische Manifest moderner Architektur und organisierte und beteiligte sich an wegweisenden Ausstellungen der modernen Architektur. Beispiele hierfür sind die Ausstellung eines modernen Hauses in der Rua Itápolis in São Paulo im Jahr 1930 und ein Jahr darauf in der Casa Nordschild in Rio de Janeiro.31 In der Ausstellung eines modernen Apartments aus dem Jahr 1932 mit Altberg und Segall – zwei weitere deutschsprachige Künstler – zeigten sie gleich mehrere Bauhaus-Möbel und -Teppiche. 1933 organisierte Warchavchik die bedeutsame Ausstellung 1° salão de arquitetura tropical, ebenfalls mit Altberg und dem Architekturbüro Warchavchik und Costa, mit einem stark an die Ästhetik der Bauhaus-Typografie angelehnten Ausstellungskatalog und übersetzten Ausschnitten programmatischer Texte aus Gropius’ Bauhausbauten Dessau aus dem Jahr 1930. Zudem war Warchavchik als Repräsentant Brasiliens auf dem Kongress der CIAM in Brüssel von 1930 anwesend und war in Folge des Briefwechsels mit Sigfried Giedion mit den Ideen der Wohnung für das Existenzminimum vertraut. Er setzte pionierhaft die Konzepte der Serialität und des sozialen Wohnungsbaus in den Projekten der Casas econômicas auf der Straße Afonso Celso und D. Berta in São Paulo, kurze Zeit später in der Vila Operária da Gamboa in Rio, um, und markierte damit womöglich den Beginn dieser Entwicklung in Brasilien.32 Beide Bauprojekte können als Rückgriff auf die Häuser der Baugruppe „KOMBA“ von Ernst May und Franz Roeckle an der Hügelstraße und Fontanestraße in Frankfurt gesehen werden. Da die Fragen des sozialen Wohnungsbaus bis dahin nicht im Fokus standen, war Warchavchik dessen wichtiger Wegbereiter, der als erster Lehrer der funktionalen Architektur im Land mehrere Studenten für diese Ideen begeistern konnte. So manifestiert sich sein Einfluss nicht nur in späteren, residenziellen Projekten, wie der Casa Antonio Nogueira Assioly Netto von Gerson Pinheiro und Affonso Eduardo Reidy, sondern auch in den aufkeimenden Programmen des sozialen Wohnungsbaus.

Die ersten Programme zur „Wohnung für das Existenzminimum“ wurden in Brasilien durch die akute Wohnungsnot in den schnell anwachsenden Städten, die den sozialen Wohnungsbau zu einer dringenden Staatsangelegenheit machte, befeuert. In diesem Sinne beschäftigte sich Carlos Ferreira, ein ehemaliger Student an der ENBA unter Warchavchik und Buddeus, mit den Fragen der Arbeitersiedlungen, der Rationalisierung des Bauens, mit Serialität und Wirtschaftlichkeit. Der CIAM-Kongress von 1929, der in Frankfurt stattfand, lieferte hierzu bereits fertige Konzepte.

Die Planung Ferreiras für die erste Siedlung des sozialen Wohnungsbaus Brasiliens in Realengo enthielt Arbeiterwohnungen in typisierten Häusern des Flach- und Mittelbaus mit einer umfassenden Infrastruktur.33 Die Form der Siedlung entsprach der Zeilenbauweise. Während die Zeilenbauweise in Realengo noch eine brasilienweite Innovation war, gehörte sie in Deutschland bereits zu einem der Hauptprinzipien des Neuen Bauens. Das Konzept des Zeilenbaus, in dem die Form der Blockrandbebauung durch Häuserstreifen mit trennenden Grünflächen ersetzt wurde, wodurch alle Wohnungen gleichsam „Licht, Luft und Sonne“34 erhalten sollten, geht auf de Fries und Behrens zurück.35 Durch den Artikel „Die Wohnformen: Flach-, Mittel-, oder Hochbauten?“ von Walter Gropius36 systematisiert und popularisiert und von Ernst May übernommen und erweitert, bildeten die modernen Häuserblöcke die Grundlage des Neuen Frankfurt, das als Schaufenster des II. CIAM-Kongresses diente.

links: Carlos Frederico Ferreira, Laubenganghaus, Siedlung Realengo, Zugangsseite, Rio de Janeiro 1940-1943, Foto: G. E. Kidder Smith, in: Philip Lippincott Goodwin, Brazil Builds, Architecture New And Old 1652–942 (New York, MoMA 1943), S. 129.
rechts: Ernst May, Ludwig-Landmann-Straße, Praunheim, Zugangsseite, Frankfurt am Main 1928–1930, Foto: 25asd, CC0.

Zu einer weiteren Innovation in Realengo gehörte der Typus des Laubenganghauses. Dieser Typus wurde unter anderem durch den Architekten Monteiro de Carvalho auf seinen Reisen durch Deutschland bemerkt und im Rahmen einer brasilianischen Fachzeitschrift besprochen: „In diesem Haus ist der Zugang zu den Wohnungen, durch Galerien oder durchlaufende Balkone mit Treppen an beiden Enden gegeben. Dieses Haus heißt deshalb LAUBENGANGHAUS“.37

Die Laubengänge, die bis heute in der brasilianischen Forschung keinen Eigennamen besitzen, wurden infolge der Vervielfachung der Laube, mit dem Ziel der Ersparnis des inneren Korridors, entwickelt. Basierend auf den Kleinstwohnungen des Typus Pawlatschenhaus, die um Budapest und Wien verbreitet waren, erarbeitete Anton Brenner im Rahmen des Neuen Frankfurts seine ersten Laubenganghäuser.38 Die Laubengänge, die die Funktion eines Balkons und Korridors vereinten und somit gemeinschaftliche Aspekte betonten, waren meistens durch vorgelagerte und im eigenen Volumen untergebrachte Treppen zugänglich. Für den Typ des Laubenganghauses charakteristisch war eine für den Zeilenbau konzipierte Längsausrichtung, wobei die klimatisch günstigere Seite die Wohnbereiche aufnahm, während die andere, durch Laubengänge untergegliedert, Zugang zu den Wohnungen gewährte. Brenner setzte seine Arbeit als Leiter der Bauabteilung unter Hannes Meyer mit der Planung der Laubenganghäuser für die Erweiterung der Siedlung Dessau-Törten fort. Das Konzept des Laubenganghauses, das am Bauhaus im Rahmen des Architekturunterrichts als Apartmentblock mit kleinen Wohneinheiten zu erschwinglichen Mietpreisen geplant und umfassend untersucht wurde, spiegelte hier die wissenschaftlich-funktionale Zugangsweise des Architekturunterrichts unter Hannes Meyer wider. In der Gestaltung des Laubenganghauses in Realengo, mit einem Laubengang auf der einen und den abwechselnd vorgesetzten Balkonen auf der anderen Längsseite, wird eine eindeutige Nähe nicht nur zur den inhaltlichen aber auch zu der formalen Gestalt der Laubenganghäuser Brenners und Mays am Ebelfeld aus den Jahren 1928–1930 in Frankfurt am Main sichtbar.

links: Carlos Frederico Ferreira, Laubenganghaus, Siedlung Realengo, Detail der Balkone, Rio de Janeiro 1940–1943, Foto: G. E. Kidder Smith, Archiv MoMA, in: Philip Lippincott Goodwin, Brazil Builds, Architecture New And Old 1652-1942, New York, MoMA 1943, S. 128.
rechts: Anton Brenner, Laubenganghaus am Ebelfeld, Siedlung Praunheim, Südfassade, Detail der Balkone, Frankfurt am Main 1928–1930, Foto: Johann Friedrich Geist, „Der experimentelle Charakter des Laubenganghauses,“ in: Wissenschaftliche Zeitschrift/Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar, Vol. 33, No. 4–6, 1987, S. 252.

Die ersten Pläne Ferreiras und die Siedlung in Realengo hatten einen enormen Einfluss auf den Siedlungsbau in Brasilien. So wurden in den folgenden Jahren mehrere Siedlungen in der Zeilenbauweise errichtet. Deren Zielsetzung richtete sich immer nach den Belangen einer Arbeiterfamilie und einer stadtplanerischen und architektonischen Erneuerung unter der Anwendung rationaler Prämissen und der ökonomischen Bauweise. In dieser Hinsicht war der Wohnungsbau stark durch die deutsche Moderne beeinflusst. Die Zeilenbauweise, die durch Le Corbusier boykottiert wurde,39 bildete ein komplettes Novum in der brasilianischen Siedlungstypologie, ebenso wie die Arbeiterwohnungen in den standardisierten Typen des Flach-, Mittel- und später Hochbaus. Die drei- und vierstöckigen Wohnblöcke, mit symmetrisch verteilten Fensterflächen und Balkonen beiderseits der vertikal ausgewiesenen Treppenhäuser, wurden im Folgenden in mehreren Projekten des sozialen Wohnungsbaus wieder aufgegriffen. Insbesondere der Typus des Laubenganghauses wurde in zahlreichen Bauten des Sozialbaus, aber auch in Krankenhäusern, Universitätsgebäuden und Hotels, übernommen und weiterentwickelt. So zeigt eines der schönsten Projekte der brasilianischen Moderne, das auch von Max Bill hoch gelobte Pedregulho von Affonso Eduardo Reidy, den Verzicht auf einen Korridor zu Gunsten eines mit dem regionalen Element des cobogó beschatteten Laubengangs, und somit eine Weiterentwicklung einer von der Bauhaus-Architektur entliehenen Form in Anpassung an die regionalen Gegebenheiten.

Bei der Lektüre der Quellen und der Historiographie der Moderne fällt die Fülle der deutschen Namen in den kulturschaffenden Kreisen auf. Auch die Betrachtung der architektonischen Topographie der Städte gibt Hinweise darauf, dass die deutschsprachigen Architekten in der Bekanntmachung der Moderne eine beachtliche Rolle spielten. Die Zuordnung der Architekten zu den jeweiligen Projekten sowie die Studie der Lebensläufe gestalten sich jedoch problematisch. Die Schwierigkeit der Anerkennung der Diplome zwang die Architekten in brasilianischen Büros zu arbeiten, wo nicht selten ihre Entwürfe durch brasilianische Kollegen unterzeichnet wurden, um eine Bauerlaubnis zu erlangen.40

Im Zuge der zunehmenden internationalen Ächtung Deutschlands unter Hitler gerieten die Ideen der deutschen Moderne schließlich zu Unrecht in Verruf und wurden gemieden. So sind die Lebensläufe der ersten deutschsprachigen Akteure der Moderne in Brasilien, aufgrund aufoktroyierter Anonymität zum Schutz vor Repressionen, oft nicht reproduzierbar und die Autorschaft bei manchen wichtigen Werken der Moderne bis heute gar ungeklärt. Gleichzeitig führte die erfolgreiche Anwendung der „Fünf Punkte der modernen Architektur“ im Gebäude des Ministério de Educação e Saúde (MES) dazu, dass sich die brasilianische Architekturforschung auf Le Corbusier fokussierte und seine Ideen als den dominanten europäischen Einfluss, auch in Bezug auf die frühe Phase der Moderne, interpretierte.

Dennoch finden sich bei der analytischen Betrachtung der architektonischen Landschaft der frühen Moderne klare Hinweise darauf, dass sie deutlich von den Ideen des Neues Bauens beeinflusst wurden, sowohl durch die ersten der Moderne zugewandten immigrierten Architekten wie Egon Weindoerfer, Julius Lohweg, Georgi Warchavchik, Alexandre Altberg oder Alexandre Buddeus als auch durch die brasilianischen Kollegen und Schüler der ENBA wie Luis Nunes, Alfonso E. Ready, Marcelo Roberto, Paulo de Camargo e Almeida oder Ricardo Antunes, was auch durch den Zugang zu Informationen und Fachliteratur legitimiert wird. Die formalen Ähnlichkeiten lassen sich sowohl im Umgang mit den Volumina, dem architektonischen Detail wie auch in der Disposition des Grundrisses ablesen. Aber auch die inhaltlichen Ansätze der Bauhausischen Architekturlehre fanden Anklang in der brasilianischen Moderne. Die rege landesweite Anwendung der Prinzipien des sozialen Wohnungsbaus nach dem Vorbild des in Brasilien bis dato nicht existenten Typen des Zeilenbaus mit typisierten Häusern, unter den Prämissen der Rationalisierung und Standardisierung der Bauprozesse, und ihre anschließende Anpassung an die klimatische Gegebenheiten, zum Beispiel durch die Beschattung der Laubengänge, macht den Einfluss der Ideen des Bauhauses deutlich.

Diese Untersuchung wurde teilweise durch die Fundação Biblioteca Nacional, Programa de Apoio à Pesquisa unterstützt.

●Footnotes
  • 1 Das Eckfenster ist ein kompositorisches Mittel, das allem Anschein nach in Dessau seinen Anfang fand, vgl. Leonardo Benevolo, Geschichte der Architektur des 19. und 20 Jahrhunderts, Callwey, München 1964, S. 56, nebenbei bemerkt in Brasilien auch als „das deutsche Fenster“ benannt, und bei Le Corbusier kaum angewandt, siehe: Matthias Noell, „,Choisir entre l´individu et le standard’. Das Künstlerhaus bei Gropius, Le Corbusier, Van Doesburg, Bill“ in: Isabelle Ewig, Thomas W. Gaehtgens und Matthias Noell (Hg.), Das Bauhaus und Frankreich. 1919–1940. Le Bauhaus et la France, in: Passagen. Jahrbuch des Deutschen Forums für Kunstgeschichte, Bd. 4, Berlin 2002, S. 93. Die Interaktion zwischen geschlossenem und geöffnetem Raum der Flächen und ein Sonne-Schatten-Spiel ist ein charakteristisches Element der Meisterhäuser von Gropius, siehe: Norbert Huse, „Neues Bauen“ 1918–1933. Moderne Architektur in der Weimarer Republik, Heinz Moos, München 1975, S. 54 und das Dezentrieren oder Verstecken des Eingangs des Dessauer Bauhausgebäudes, siehe: Wolfgang Kemp, Architektur analysieren. Eine Einführung in acht Kapiteln, Schirmer Mosel Verlag, München 2009, S. 296; Die vorkragenden Bauelemente stammen aus dem Unterricht der Axonometrie des De Stijls von Theo van Doesburg am Bauhaus, siehe: Noell, Künstlerhaus, 2002, S. 92f.
  • 2 Vittorio Magnago Lampugnani, „Die Geschichte der Geschichte der „Modernen Bewegung“ in der Architektur 1925–41. Eine kritische Übersicht”, in: Vittorio Magnago Lampugnani und Romana Schneider (Hg.), Moderne Architektur in Deutschland 1900 bis 1950. Expressionismus und Neue Sachlichkeit, Hatje, Stuttgart 1994, S. 273–295; Annette Bußmann, Zu Adaption und Demontage von Architekturgeschichte im „Neuen Bauen“ der Weimarer Republik. Alfred Gellhorn (1885–1972). Bauten, Projekte, Schriften 1920 bis 1933, Dissertation, Philipps-Universität Marburg, 2003, S. 4–5; John Zukowsky (Hg.), Architektur in Deutschland 1919–1939. Die Vielfalt der Moderne, Prestel, München, New York 1994.
  • 3 Nach Costas eigener Aussage, siehe: Lucio Costa, Interview mit Alexander Fils, Brasilia, „Moderne Architektur in Brasilien“, September 1984, Düsseldorf 1988, S. 55 u. 132.
  • 4 Zu den wichtigsten Akteuren der Bauhaus-Architektur in Brasilien gehören neben Gregori Warchavchik und Alexander Buddeus auch Alexandre Altberg und Luiz Nunes, vgl. Joanna Bialobrzeska, Bauhaus-Impulse in Brasilien, Dissertation, Universität Göttingen, 2018.
  • 5 Paulo Ferreira Santos, Quatro Séculos de Arquitetura, 2. Auflage, IAB, Rio de Janeiro 1981, S. 104.
  • 6 Ebenda, S. 104.
  • 7 Im Bauhaus-Archiv befinden sich über 200 umfangreiche, dem Bauhaus gewidmete Artikel, siehe: Volker Wahl (Hg.), Das Staatliche Bauhaus in Weimar. Dokumente zur Geschichte des Instituts 1919–1926, Böhlau Verlag, Köln/Weimar-Böhlau 2009, S. 313.
  • 8 Moderne Bauformen, Monatshefte für Architektur und Raumkunst, Stuttgart: Hoffmann, in: Biblioteca Paulo Santos, Paço Imperial (RJ), Biblioteca Prof. Alfredo Galvão, EBA-UFRJ (RJ), Biblioteca do MAC (SP); Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit, Berlin: Hermann Reckendorf,  in: Biblioteca Paulo Santos, Paço Imperial (RJ); Die Bauwelt. Illustrierte Zeitschrift für das gesamte Bauwesen, Berlin: Ullstein Verlag in: Biblioteca Alberto Monteiro de Carvalho. Monteiro Aranha Participações (RJ), EPBC - Esc. Politécnica-Bib Central (SP), FAU - Fac. Arquitetura e Urbanismo (SP); Wasmuths Monatshefte für Baukunst, Berlin: Werner Hegemann, in: Biblioteca Alberto Monteiro de Carvalho. Monteiro Aranha Participações (RJ), Biblioteca Paulo Santos, Paço Imperial (RJ); Deutsche Bauzeitung, Berlin: Komissions-Verlag, in: Instituto Mauá de Tecnologia (SP),  Monteiro Aranha Participações S.A. (RJ),  Biblioteca do Centro de Tecnologia - UFRJ (RJ); Der Architekt: Wiener Monatshefte für Bauwesen und decorative Kunst, Viena: Anton Schroll & Co, in: Biblioteca Paulo Santos, Paço Imperial (RJ), Biblioteca Alberto Monteiro de Carvalho. Monteiro Aranha Participações (RJ), Biblioteca Prof. Alfredo Galvão, EBA-UFRJ (RJ), Beton und Eisen, Berlin: Wilhelm Ernst & Sohn, in: Biblioteca FAU-UFRJ (RJ), EPBC - Esc. Politécnica-Bib Central (SP), Biblioteca Alberto Monteiro de Carvalho. Monteiro Aranha Participações (RJ), Die Bautechnik - Fachzeitschrift für das gesamte Bauingenieurwesen. Berlin: Wilhelm Ernst & Sohn, in: Biblioteca Alberto Monteiro de Carvalho. Monteiro Aranha Participações (RJ), EESC - Esc. Engenharia de São Carlos (SP), Die Baugilde: Zeitschrift des Bundes Deutscher Architekten - W.& S.Loewenthal, in: Biblioteca Alberto Monteiro de Carvalho. Monteiro Aranha Participações (RJ), Der Bauingenieur. - Zeitschrift für das gesamte Bauwesen, Berlin: Springer - Verlag, in: Biblioteca Alberto Monteiro de Carvalho. Monteiro Aranha Participações (RJ).
  • 9 Nach Marquez und Naslavsky gehörten diese Titel unter anderem zu denen, die in den 1930er-Jahren durch Luiz Nunes und Joaquim Cardozo bezogen wurden, siehe: Sonia Marques & Naslavsky Guilah, „Estilo ou causa? Como, quando e onde? Os conceitos e limites da historiografia nacional sobre o Movimento Moderno”, in: Vitruvius, No. 011.06, April 2001, http://vitruvius.com.br/revistas/read/arquitextos/01.011/903 (19.02.2019).
  • 10 Paulo Ormindo de Azevedo, “Alexander S. Buddeüs: a passagem do cometa pela Bahia”, in: Vitruvius, 081.01, Februar 2007, http://www.vitruvius.com.br/revistas/read/arquitextos/07.081/268 (19.02.2019); auch Lucio Costa bemerkte: „Die deutschen Publikationen über die Architektur waren immer sehr wichtig“, siehe Lucio Costa, Interview mit Alexander Fils, Brasilia, „Moderne Architektur in Brasilien“, 1988, S. 131.
  • 11 Auf der Suche nach der Rezeption des Bauhauses in Amerika zählte Kentgens-Craig alleine im Zeitraum 1919–1936 über einhundert Veröffentlichungen in britischen und US-amerikanischen Zeitschriften, die direkt über das Bauhaus berichteten oder darauf Bezug nahmen, siehe: Margret Kentgens-Craig, Bauhaus-Architektur. Die Rezeption in Amerika 1919–1936, Lang, Frankfurt am Main/New York 1993, S. 60.
  • 12 Sigfried Giedion, Befreites Wohnen, Orell Füssli Verlag, Zürich/Leipzig 1929 und Sigfried Giedion, Walter Gropius, Crès, Paris 1931; Henry-Russell Hitchcock & Philip C. Johnson, The International Style. Architecture since 1922, W. W. Norton, New York 1932; Le Corbusier-Saugnier, Vers une architecture, G. Crès, Paris 1923; Catherine Bauer, Modern housing, Houghton Mifflin Company, Boston 1934.
  • 13 José Tavares Correia de Lira, Warchavchik. Fraturas da Vanguarda, Cosac & Naify, São Paulo 2011, S. 190.
  • 14 Ebd., S. 231–232, S. 242.
  • 15 Die ersten modernen Zeitschriften in Brasilien, Klaxon, Estética, Novíssima und Movimento Brasiliero, die noch in den 1920er-Jahren erschienen sind, waren überwiegend auf Themen der Kunst und Literatur ausgerichtet.
  • 16 o.V., „A Architectura moderna no velho continente”, in: A Casa, Vol. 76, No. 29, August 1930; o. V., „ A Architectura moderna no velho continente”, in: A Casa, Vol. 77, No. 16, September 1930.
  • 17 Alexander Altberg 1934, S. 127; Armando de Godoy 1933 zit. nach Clevio Rabelo, Arquitetos na Cidade. Espaços profissionais em Expansão. Rio de Janeiro 1925–35, Dissertation, FAU-USP, 2011, S. 140.
  • 18 Monteiro A. de Carvalho, „Fotografias e comentários de Viagens”, in: Arquitetura e Urbanismo, Sept./Okt. 1936, S. 155–157.
  • 19 Hierfür gibt es mehrere Indizien, z.B. in seiner kuratorischen Arbeit. Er besaß aber auch einen Laden, in dem er Bauhausmöbel brasilienweit verkaufte.
  • 20 Marcelo S. Masset Lacombe, „Modernismo e Nacionalismo: o jogo das nacionalidades no intercâmbio entre Brasil e Alemanha”, in: Perspectivas, No. 34, 2008, S. 153–154.
  • 21 Zu den wichtigsten von Heuberger organisierten Ausstellungen gehörten außerdem: 1a Exposição de Arte e Artesanato Alemão, Liceu de Artes e Ofícios do Rio (1924), III Salão da Primavera, Liceu de Artes e Ofícios do Rio (1925), Grande Exposição de Arte Alemã no Brasil, ENBA (1928), Exposição da Deutsche Werkbund, ENBA (1929); siehe: Rabelo, Arquitetos na Cidade, 2011, S. 156.
  • 22 die neue linie war die erste deutsche Lifestyle-Zeitschrift (1929–1943). Sie präsentierte neben Mode und Literatur auch Architekturtrends, speziell aus Bauhaussicht betrachtet. Die Titelblätter der Zeitschrift wurden von verschiedenen Bauhaus-Künstlern entworfen, vor allem die Bauhaus-Meister Herbert Bayer und László Moholy-Nagy. Siehe hierzu: Patrick Rössler, Die neue Linie 1929–1943. Das Bauhaus am Kiosk, Ausstellungskat., Bauhaus-Archiv Berlin, Kerber Verlag, Berlin 2007.
  • 23 Herbert Bayer, zit. nach Patrick Rössler, “Die visuelle Identität des Weimarer Bauhauses. Strategien und Maßnahmen im Corporate Design”, in: Hellmut Seemann & Thorsten Valk (Hg.), Klassik und Avantgarde. Das Bauhaus in Weimar 1919–1925, Wallstein, Göttingen 2009, S. 379.
  • 24 Der senkrechte oder waagerechte schwarze Balken, bereits in gleicher Form in den Bauhausbüchern angewandt, wird als Charakteristikum des Stils gesehen: „Drucksache mit fetten Balken und Grotesklettern: Bauhausstil. alles kleingeschrieben: bauhausstil. ALLES GROSSGESPROCHEN: BAUHAUSSTIL. Bauhausstil: ein Wort für alles.“ s. Kállai 1930, zit. nach Rössler, „Die visuelle Identität”, 2009, S. 372.
  • 25 „no Brasil, aonde as idéias ainda eram muito raras (...)“, Alexandre Altberg, Interview mit Liszt Vianna Neto, Juni 14–15, 2008, São Paulo, siehe: Neto, „Modernismo, socialismo e exílio,” 2014, S. 197, eigene Übersetzung.
  • 26 Azevedo, „Buddeüs”.
  • 27 Günter Weimer, Arquitetura modernista em Porto Alegre: entre 1930 e 1945, Unidade, Porto Alegre 1998, S. 23.
  • 28 Lira, Warchavchik, 2011, S. 225ff.
  • 29 Auch Lira bemerkte, dass sich Warchavchik, gerade in der ersten Phase seiner Wirkung, stark an der Neuen Sachlichkeit orientierte, siehe: Ebenda, S. 190.
  • 30 Klaus-Jürgen Winkler, Die Architektur am Bauhaus in Weimar, Verlag für Bauwesen, Berlin 1993, S. 89–91.
  • 31 Beide Ausstellungen des „modernen Hauses“ konzipierte er nach dem Vorbild des Haus am Horn als Gesamtkunstwerk mit zugehörigem Mobiliar, u. a. Bauhaus-Designobjekten, Kunst und Gartengestaltung.
  • 32 Lira, Warchavchik, 2011, S. 265–267.
  • 33 Nabil Georges Bonduki, Origens da habitação social no Brasil: arquitetura moderna, lei do inquilinato e difusão da casa própria, Dissertation, FAU-USP, 1998, S. 180–181.
  • 34 Walter Gropius, „Die soziologischen Grundlagen der Minimalwohnungen für die städtische Industriebevölkerung” (1929), in: Walter Gropius (Hg.), Architektur. Wege zu einer optischen Kultur, Fischer, Frankfurt am Main/Hamburg 1956, S. 91.
  • 35 Vittorio Magnago Lampugnani, Die Stadt im 20. Jahrhundert. Visionen, Entwürfe, Gebautes, Vol. 1, Wagenbach Berlin 2011, S. 319; Norbert Huse, Neues Bauen” 1918–1933. Moderne Architektur in der Weimarer Republik, Heinz Moos, München 1975, S. 91f.
  • 36 Walter Gropius, „Flach-, Mittel- oder Hochbau?”, in: Schweizerische Bauzeitung, Vol. 97/98, No. 8, 1931, S. 95–98.
  • 37 „nesse bloco o acesso as moradias que ficam sobre a avenida é feito por galerias ou balcões corridos com escadas nas duas extremidades. Esse predio é por isso chamado a LAUBENGANGHAUS“, eigne Übersetzung, s. Monteiro A. de Carvalho, „Fotografias e comentários de Viagens,” in: Arquitetura e Urbanismo, Sept./Okt. 1936, S. 155–157.
  • 38 Johann Friedrich Geist, „Der experimentelle Charakter des Laubengangauses,” in: Wissenschaftliche Zeitschrift/Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar, Vol. 33, No. 4–6, 1987, S. 252.
  • 39 Die Gleichsetzung der CIAM mit Le Corbusier verstärkte den Prozess der fehlerhaften Rezeption der deutschen Einflüsse. Dabei attackierte, oder aber ignorierte Le Corbusier das Neue Frankfurt, den Zeilenbau oder funktionelle Ansätze, was das verzerrte Bild auf den sozialen Wohnungsbau, das auf den II CIAM und folglich auf Le Corbusier zurückgeführt wird, ad absurdum führt.
  • 40 Laut Weimer entwickelte sich, nachdem sich Brasilien den Alliierten im Krieg gegen Deutschland angeschlossen hatte, die Animosität gegenüber der deutschen Kultur so weit, dass einigen Architekten der Titel aberkannt wurde, siehe: Gunter Weimer, Arquitetura Popular da Imigração Alemã, UFRGS, Porto Alegre 2005, S. 278.
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Common Threads — Approaches to Paul Klee’s Carpet of 1927

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Paul Klees bildnerische Webarchitekturen

Für die Entwicklung seiner abstrakten Bildsprache und seines Bauhaus-Unterrichtes bediente sich Paul Klee unterschiedlicher Quellen, die er im Alltag, auf seinen Reisen oder in Büchern entdeckte. Das Studium nicht-europäischen Designs von Gebäuden und Stoffen, die Fantasiearchitektur der aus Tunesien mitgebrachten Aquarelle oder die auf Papier entworfenen Stoffmuster der Weberinnen bildeten die Grundlage für Werke wie Teppich, 1927, 48. → more

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Weltkunstbücher der 1920er-Jahre — Zur Ambivalenz eines publizistischen Aufbruchs

Um 1900 erschienen die ersten Kompendien und Handbücher über sogenannte Weltkunst. Nach dem Ersten Weltkrieg explodierte dann die Anzahl der Publikationen über außereuropäische Künste. Diese fanden auch sogleich Eingang in die 1919 neu etablierte Bauhaus-Bibliothek. Diese Buchreihen lassen erkennen, unter welchen Bedingungen nichteuropäische Kunst in den 1920er-Jahren rezipiert wurde: als Inspirationsmaterial, als Ausdruck der Kanonkritik an einer europäischen Hochkunst und als Plädoyer für die Aufhebung zwischen Kunst und Kunsthandwerk, aber vor allem auch welches Verständnis von „Welt“ hier reproduziert wurde. → more

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Dry Time — Anni Albers Weaving the Threads of the Past

When the Bauhaus was formed it was meant to be the reversed image of contemporary history and society. If the outside world was a field where opposing forces, in the form of class and national struggles, raged, the Bauhaus aimed to extricate itself from these conflicts in order to establish an alternative primordial community. In this essay, Maria Stavrinaki comments on what seems to be Anni Albers’s problematic relationship to the past in general and to history in particular. Anni Albers is not a unique case though, but rather a case study, which despite its particularities, can be considered as analogical to the Bauhaus in general. → more

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Working From Where We Are — Anni Albers’ and Alex Reed’s Jewelry Collection

Not by nature acquisitive and certainly not art collectors, Josef and Anni Albers began in 1936 to collect Mexican figurines and other artifacts unearthed from that land’s memory. They described the country, which they first visited in 1935, as “the promised land of abstract art.” Returning to Black Mountain College Anni Albers and Alexander Reed began experimenting with everyday articles to create a strange and beautiful collection of objects of personal adornment inspired by their visit to Mexico. → more

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Andean Weaving and the Appropriation of the Ancient Past in Modern Fiber Art

Ancient and Indigenous textile cultures of the Americas played a critical role in the development of the work of fiber artists who came of age in the U.S. in the late 1950s and 1960s. Anyone who has studied fiber art of this period, myself included, knows this well. They openly professed an admiration for traditions ranging from Navaho weaving, to the use of the backstrap loom in Mexico and Central America, to the ancient weaving techniques of Peru. → more

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Anni Albers and Ancient American Textiles

At the time Anni Albers wrote On Weaving in 1965, few discussions of Andean textiles “as art” had appeared in weaving textbooks, but there were numerous publications, many of which were German books published between 1880 and 1929, that documented and described their visual and technical properties. Albers almost single-handedly introduced weaving students to this ancient textile art through her writing and her artistic work.  → more

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Josef Albers and the Pre-Columbian Artisan

In his inaugural manifesto for the Staatliche Bauhaus, Walter Gropius proposed a new artistic agenda and pedagogical practice based on craft and artisanal principles. This article analyzes how prominent Bauhaus teacher and artist Josef Albers, entered into dialogue with a very specific kind of artisanal aesthetic: the pre-Columbian crafts he encountered on his many trips to Mexico. Revisiting his lecture “Truthfulness in Art” delivered in 1937, after his third trip to the country, the article studies the way in which Albers learned from the abstract tradition of pre-Columbian artisans, incorporating their knowledge into his own artistic and pedagogical practice. → more

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“Every Moment Is a Moment of Learning“ — Lenore Tawney. New Bauhaus and Amerindian Impulses

“I felt as if I had made a step and maybe a new form. These evolved from a study of Peruvian techniques, out of twining and twisting. Out of that came my new way of working, of dividing and separating the piece.” Lenore Tawney’s “Woven Forms” are not purpose-built in a (Western) crafts sense; they move beyond traditional European rules of weaving and attempt to approach an indigenous attitude towards craft and technique. This essay shows how Tawney charted her own unique path in fiber art by linking Amerindian impulses with Taoist concepts of space and Bauhaus ideas. → more

●Interview
Questions about Lenore Tawney — An Interview with Kathleen Nugent Mangan, Executive Director of the Lenore G. Tawney Foundation

The search for the spiritual characterized Lenore Tawney’s long life, and was reflected in both the iconography and materials she used in her work. She was a regular diarist and her journals provide valuable insight into this deeply personal search. bauhaus imaginista researcher Erin Freedman interviews Executive Director of the Lenore G. Tawney Foundation, Kathleen Nugent Mangan, about Tawney’s approach and work. → more

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kNOT a QUIPU — An Interview with Cecilia Vicuña

In this recorded interview, Vicuña describes how after she first learned about quipu, she immediately integrated the system into her life. Quipu, the Spanish transliteration of the word for “knot” in Cusco Quechua, is a system of colored, spun and plied or waxed threads or strings made from cotton or camelid fiber. They were used by the Inca people for a variety of administrative purposes, mainly record-keeping, and also for other ends that have now been lost to history.  → more

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Diagonal. Pointé. Carré — Goodbye Bauhaus? Otti Berger’s Designs for Wohnbedarf AG Zurich

Gunta Stölzl. Anni Albers. These are the most prominent names today when one thinks of actors in the Bauhaus textile workshop. Both had been involved in the textile workshop since Weimar times, shaping it through their understanding of textiles and their teaching. Otti Berger did not join the workshop until Dessau. Stölzl and Albers succeeded in leaving Germany in 1931–32. And they succeeded in continuing to work as textile designers and artists. Berger succeeded in doing this, too, but accompanied by an ongoing struggle for recognition and fair remuneration. → more

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The World in the Province from the Province to the World — Bauhaus Ceramics in an International Context

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Reading Sibyl Moholy-Nagy, Native Genius in Anonymous Architecture in North America, 1957

In the 1960s, the interest in a regional and vernacular architecture evolved into a sort of counterculture against the prevailing modernism in the USA. Sybil Moholy-Nagy’s book is an early document of this movement and today a classic of architecture history. It features buildings and construction techniques that emerge from social practices and whose builders remain anonymous. They include Amerindian settlement forms, Mexican pueblos and churches, as well as barns and houses of the first European settlers. → more

●Article
Vernacular Architecture and the Uses of the Past

In sending out the manuscript of Native Genius in Anonymous Architecture to a publisher, Sibyl Moholy-Nagy added a note on the “Genesis of the manuscript,” which is quite revealing about the intellectual trajectory that gave rise to it. She positioned herself as first and foremost a traveling observer, learning from direct contact with artefacts and buildings, curious about their histories and willing to interpret material evidence and local narratives. → more

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The “Workshop for Popular Graphic Art” in Mexico — Bauhaus Travels to America

The global developments that led in 1942 to the appointment of Hannes Meyer, second Bauhaus director, as head of the workshop for popular graphic art, Taller de Gráfica Popular (henceforth referred to as the TGP), made it a focal point for migrating Europeans in flight from fascism. This essay aims to shed light on how the TGP was influenced by Europeans granted asylum by Mexico before and during World War Two, and, conversely, to explore the degree to which these exiled visual artists, writers, and architects’ ideas came to be influenced by their contact with artists active in the TGP. → more

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Lena Bergner — From the Bauhaus to Mexico

The story of Lena Bergner is relevant to the history of architecture and design on account of her career passing through different ideological and cultural contexts. Here we will discuss her life and work, focusing on her training in the Bauhaus, her time in the USSR and her time in Mexico, where, along with her husband the architect Hannes Meyer, over a ten-year period she undertook cultural projects of great importance. → more

●Article
Of Art and Politics — Hannes Meyer and the Workshop of Popular Graphics

The Mexico of President Lázaro Cárdenas del Río was a fertile ground for the development of ideological questions, especially those originating from the left. The expropriation of oil fields, mining and large estates in 1938, the refuge granted Spanish republicans and members of the International Brigades in 1939, and the accord of mutual support between the government and syndicalist organizations all favored the formation of artistic and cultural groups willing to take part in the consolidation of revolutionary ideals which, until that point, had made little progress. Among these organizations was the Taller de Gráfica Popular, the Workshop of Popular Graphics. → more

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bauhaus imaginista — and the importance of transculturality

What bauhaus imaginista has documented thus relates to a particular historical phase, one that opened a path to the renewal of the art situation in Morocco. And yet, although more recent generations of Moroccan art historians and critics often mentioned the period as a formative and unavoidable reference point, they never really deepened study of that period. It somehow remained in the shadows of other phases and realities. But cultural memory has its rhythms, and the moment arose when the years of the Casablanca Group called for attention, demanding its artistic accomplishments be better understood. In this regard, the bauhaus imaginista project came at the right moment and has had important repercussions. → more

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Memories

I was sixteen years old when I undertook my first journey into finding a professional vocation, first in Asilah, then in Fez followed by Tétouan. 1952. Tangiers was, to me, an open book, a window on the world. The freedom of seeing, of discovering and of feeling, of weaving the narratives of my dreams. → more

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The Bauhaus and Morocco

In the years when Western nations were committed in new projects of partnership, with what was then called the “Third World”, young artists and students from the Maghreb had grown up in the passionate climate of the struggle for independence, were talented, open to modernity, and eager to connect with twentieth-century international art movements, which were different in production and spirit from colonial ideology and culture. → more

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École des Beaux-Arts de Casablanca (1964–1970) — Fonctions de l’Image et Facteurs Temporels

Utopie culturelle vécue, posture éthique et préfiguration de la modernité artistique et culturelle marocaine, l’École des Beaux-arts de Casablanca est, de 1964 à 1970, le lieu de cristallisations d’aspirations sociales et artistiques portées par un groupe d’artistes et enseignants responsables d’une restructuration des bases pédagogiques. → more

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Les Intégrations: Faraoui and Mazières. 1966–1982 — From the Time of Art to the Time of Life

Les Intégrations exemplified a specific conceptual motif, one that acted not within a single field but rather implied a relationship of interdependence between different media (visual arts and architecture) and techniques (those of graphic arts and architecture). They thus allowed for the emergence of disciplines that were not static in formation but evolving in relation to one another. The intermedial relationship they created between art and architecture raises the question of what lies “between” these disciplines: how do they communicate with each other? What are the elements of language common to this “spirit of the times,” to the particular atmosphere of the late 1960s? → more

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Chabâa’s Concept of the “3 As”

“Architecture is one expression of the fine arts” (Mohamed Chabâa, in: Alam Attarbia, No. 1, p. 36, 2001.)

Mohamed Chabâa’s consciousness of his national heritage and his interest in architecture both emerged at a young age. His concept of the “3 A’s”—art, architecture and the arts and crafts—grew out of his discovery both of the Italian Renaissance and the Bauhaus School during a period of study in Rome in the early 1960s. From then on, bringing together the “3 A’s” would become a central interest, a concept Chabâa would apply in various ways and fiercely defend throughout his long and varied career. → more

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Don’t Breathe Normal: Read Souffles! — On Decolonizing Culture

The need for a synthesis of the arts and, with this, a change of pedagogical principles, was not only present at the beginning of the twentieth century (forces that prompted the Bauhaus’s foundation), but after WWII as well, during the “Short Century” of decolonization. This second modern movement and its relation to modernism and the vernacular, the hand made, and the everyday was vividly expressed through texts and art works published in the Moroccan quarterly magazine Souffles, published beginning in the mid-1960s by a group of writers and artists in Rabat, Casablanca and Paris. → more

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A Bauhaus Domesticated in São Paulo

In March 1950, Pietro Maria Bardi, director of the São Paulo Art Museum (MASP, which opened in 1947), wrote to several American educational institutions requesting their curricula as an aid to developing the first design course in Brazil—the Institute of Contemporary Art (IAC), which was to be run as a part of the museum and would also be the country’s first design school. Despite being brief and objective, his missives did not fail to mention the “spirit of the Bauhaus,” explicitly linking the institute he hoped to found with a pedagogical lineage whose objectives and approach he aimed to share. → more

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Ivan Serpa, Lygia Clark, and the Bauhaus in Brazil

The art school of the Museu de Arte Moderna do Rio de Janeiro was established in 1952, led by Ivan Serpa, who gave classes for both children and adults—including artists who would go on to form the Grupo Frente (1954–56) and later the neo-concrete movement (1959–61). Writer and critic Mário Pedrosa described the “experimental” character of these classes, but the fact this experimentation was structured through study of color, materials, technique and composition has encouraged art historian Adele Nelson to claim Serpa’s teaching method was substantially based on the Bauhaus preliminary course. → more

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Walking on a Möbius Strip — The Inside/Outside of Art in Brazil

This text investigates how the topological figure of the Möbius strip, famously propagated by Bauhaus proponent Max Bill, was used in Brazil within dissident artistic practices of the 1960s and 1970s as a tool for reflection on the subject, alterity and public space. The Möbius strip is revisited in this essay as a conduit for thinking critically about possible subversions of Eurocentric forms, as well as various appropriations of traditional popular culture by modern and contemporary art in Brazil. → more

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The Poetry of Design — A search for multidimensional languages between Brazilian and German modernists

In the 1950s and 1960s, intense debates and exchanges took place between Brazilians and Germans working in the fields of design, art, and their various manifestations—from architecture and painting to music and poetry. These intertwined lines are identifiable in myriad events: journeys, meetings, exchanges of letters, exhibitions, lectures, courses, and publications. Common modes of production emerged out of these different encounters where, more than relations of influence, one can observe how entangled realities led to a questioning of the directionality of the flow between center and periphery. → more

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The Latent Forces of Popular Culture — Lina Bo Bardi’s Museum of Popular Art and the School of Industrial Design and Crafts in Bahia, Brazil

This text deals with the experience of the Museum of Popular Art (MAP) and the School of Industrial Design and Handicraft, designed by the Italian-Brazilian architect Lina Bo Bardi, in Salvador (capital of the state of Bahia), Brazil. Such a “school-museum” is based on the capture and transformation of latent forces that exist in Brazilian popular culture. → more

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Teko Porã — On Art and Life

Cristine Takuá is an Indigenous philosopher, educator, and artisan who lives in the village of Rio Silveira, state of São Paulo, Brazil. She was invited to present a contemporary perspective on questions and tensions raised by interactions between the Indigenous communities and the mainstream art system, as well as to address Brazil’s specific social and political context. → more

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Times of Rudeness — Design at an Impasse

In 1980, Lina Bo Bardi began working on a book concerning her time in the northeastern part of Brazil. With the help of Isa Grinspum Ferraz, she captioned the illustrations, revised her contributions to the book and drafted the layout and contents. The latter also included texts by her collaborators who, in a truly collective effort, had tried to envision the project of a true Brazil—an unfettered and free country with no remnant remaining of the colonial inferiority complex which had plagued the country earlier in its history. Bo Bardi discontinued her work in 1981. In 1994, the Instituto Lina Bo e P.M. Bardi published this project as Times of Rudeness: Design at an Impasse. → more

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Connecting the Dots — Sharing the Space between Indigenous and Modernist Visual Spatial Languages

Ever increasing numbers of design institutes note the merits of cultural diversity within their pedagogy and practice. Rather quixotically, however, Eurocentric modernist ideals remain dominant within design curricula. This ambiguity results in non-Western social, cultural and creative practice, remaining side-lined, albeit while still being lauded as of great value. Critical of this duplicity, this paper introduces three Indigenous visual spatial languages, identifying a number of correlations and contradictions these offer to the establishment and implementation of Bauhaus pedagogy and subsequent examples of modernism adopted beyond Europe. → more

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