Es sind mehr als fünfzig Personen, die Marion von Osten im März 2019 zur Eröffnung der Ausstellung bauhaus imaginista zu ihr und Co-Kurator Grant Watson auf die große Bühne des HKW Berlin bittet: aus Brasilien, China, Chile, Kanada, Nigeria, Großbritannien, Indien, Israel und den USA – eine transnationale Gemeinschaft von Künstler*innen, Kurator*innen, Architekt*innen, von Historiker*innen, von Aktivist*innen, Autor*innen, von Projektmanager*innen, Übersetzer*innen, Goethe-Institutsangehörigen und Bauhausforscher*innen. Es ist eine Szene, die so sehr für die Arbeitsweise und den Mensch Marion von Osten steht.
Wie kaum jemand hat sie es vermocht, aus einem für die internationale Kulturpolitik so wichtigen Leuchtturmprojekt zum 100. Jubiläum des Bauhauses etwas zu entwickeln, das die transkulturellen Verflechtungen des Bauhauses zum Ausgangspunkt von Konversationen über Kontinente hinweg anstiftete, indem sie vielstimmigen und kontroversen Lesarten Raum gegeben hat. Sie stand für die Überzeugung, dass die Moderne nur in ihren komplizierten transkulturellen Verknüpfungen zu erzählen ist, will sie Relevanz für die Gegenwart gewinnen.
Dass es dazu auch anderer Wissenssorten bedarf, die Alternativen zu westlichen Erzählungen anboten, trieb die Neugier der Forscherin Marion von Osten an. Nicht selten schuf das Reden über die Resonanzräume des Bauhauses ein Forum für die aktuellen Verwerfungen und gesellschaftlichen Nöte, wie in São Paulo am Vorabend der Präsidentschaftswahl. So klug recherchiert und inspirierend erzählt auch die einzelnen Ausstellungen waren, die in Berlin dann zusammenkamen, worum es Marion von Osten vor allem ging, das war die Ermöglichung eines Raumes gemeinsamen Denkens und Sprechens, der Kritik und Differenz, der Phantasie und des Experiments. Dass solche Ereignisse zur Ermächtigung sozialer und kultureller Bewegungen beitragen können, davon war Marion von Osten zutiefst überzeugt.
Es war ihre Art zu arbeiten, nur so konnte sie rund um den Globus Begeisterung für das Bauhaus als offenes unabgeschlossenes Projekt wecken und alle, die das Glück hatten an diesem Projekt mitzuwirken, werden diese Momente erinnern. Sie werden sich auch ins Gedächtnis rufen, dass das Manövrieren dieses an Akteur*innen, Institutionen, Initiativen, Museen und Sammlungen allzu komplexe Forschungs- und Ausstellungsvorhaben eine Herausforderung war, die nur eine so empathische und leidenschaftliche Person wie Marion zu leisten vermochte.
Vor allem aber erinnern sie sich an die Großzügigkeit, die Herzlichkeit und das Vergnügen am gemeinsamen Denken und Handeln, das Marion von Osten wie keine andere Person anstiften konnte. Auch wenn es bei bauhaus imaginista – in Referenz an die Bewegung „Bauhaus Imaginiste“ – vor allem um die Ermächtigung der Phantasie ging, so fällt die Vorstellung unendlich schwer, diese von ihr begonnenen transkulturellen Konversationen ohne sie fortsetzen zu können.
Wir vermissen sie sehr und sind dankbar für die Zeit, die wir mir ihr verbringen durften.
Für das Team von bauhaus imaginista:
Regina Bittner, Bauhaus Kooperation Berlin Dessau Weimar
Bernd Scherer, Haus der Kulturen der Welt
Johannes Ebert, Goethe-Institut