Bekannt ist die intensive Beziehung von Marcks zur griechischen antiken Kultur und Kunst, die sich auch in den Dornburger Keramiken widerspiegelt, etwa in den Proportionen sowie ausdrucks- und spannungsvollen Silhouetten von Gefäßen oder Dekoren ob mit formunterstützenden Linien oder figürlichen Szenen in archaischer Stilisierung. Es finden sich auch launige Sprüche wie sie wiederum auf heimischen Gefäßen Tradition hatten. Somit entstanden in der Dornburger Werkstatt aus überkommenen heimischen Gefäßformen und traditionellen Dekoren sowie unterschiedlichen internationalen Anregungen spektakuläre Kombinationen als regelrechte Gefäßplastiken, um daran experimentell Formenwandlungen zu erkunden. Es sind Demonstrationen künstlerischer Phantasie und handwerklichen Könnens. Als solches lag ihr Wert in der Anschauung, nicht im praktischen Gebrauch. Das entsprach weder dem Gropiusschen Grundgedanken noch dem Sinn einer herkömmlichen Keramikwerkstatt. Allerdings bildeten die so gewonnenen grundlegenden gestalterischen Kenntnisse und das gründliche Erlernen des Töpferhandwerks, wozu neben dem Drehen, Glasieren und Bemalen auch die Beherrschung des Brandes gehörte, die Vorraussetzungen für jene späteren Produkte, die in ihrer meisterhaft ausgewogenen Gestaltung und mit ihrem hohen Gebrauchswert zu den Klassikern der Moderne des 20. Jahrhunderts zählen. Dazu gehören Otto Lindigs Kanne L16 und Vase L59, von denen er später schrieb, sie wären das Beste, was er je gemacht hätte, die Vorratsdosen von Theodor Bogler oder das Service und die Vasen Hallesche Form für die Staatliche Porzellanmanufaktur Berlin 1929/30 von Marguerite Friedlaender.
Dass es zu keiner allgemeinen Verbreitung der Bauhauskeramik kam, lag in der relativ kurzen Zeit ihres Entstehens, in der es nicht gelang, sie in die industrielle Produktion zu überführen. Die Dornburger Werkstatt war eine schulische Einrichtung, dazu noch auf relativ niedrigem technischem Niveau und konnte selbst keinen relevanten Produktionsausstoß in hoher Qualität erreichen. Die klein- und mittelständische Porzellanindustrie in Thüringen reagierte noch zurückhaltend bei der Übernahme von Modellen des Bauhauses.
Das Ende der keramischen Arbeit am Bauhaus
Mit der Aufgabe des Staatlichen Bauhauses in Weimar 1925 und dem Umzug nach Dessau brach die insgesamt hoffnungsvolle Entwicklung ab. Es gibt bis heute keine konkreten Erkenntnisse über die Gründe, in Dessau keine Keramikwerkstatt einzurichten, obwohl sie auf den Sprung zur industriellen Serienproduktion war.
Gerhard Marks, Marguerite Friedlaender, Frans Wildenhain und später Wilhelm Löber wechselten an die Burg Giebichenstein in Halle. Theodor Bogler wurde Künstlerischer Leiter der Steingutfabriken Velten-Vordamm. Otto Lindig blieb in Dornburg als Leiter der Keramischen Werkstatt der Staatlichen Bauhochschule, der Nachfolgeeinrichtung des Bauhauses, ebenfalls Werner Burri, bis er Boglers Nachfolge in Velten-Vordamm antrat und schließlich 1939 endgültig Deutschland verließ. 1930 pachtete Otto Lindig die Dornburger Werkstatt und führte sie als Töpferei bis zu seinem Wechsel an die Landeskunstschule Hamburg 1947.
Der abrupte Abbruch der keramischen Arbeit am Bauhaus bedeutete jedoch nicht den Verlust der dort erbrachten wegweisenden Leistungen für die Keramik. Die führenden Absolventen und ihr Formmeister beeinflussten mit ihrem eigenen Schaffen sowie als Lehrende sowohl die nationale als auch internationale Keramik – allerdings geschah dies auch unter dem Zwang drastischer politischer Veränderungen. Was an Welthaltigkeit in der abseits aller großen Metropolen gelegenen kleinen Ostthüringer Werkstatt von den Keramikern aufgenommen wurde, gaben sie auf unterschiedliche Weise an die Welt zurück.
Einfluss der Bauhauskeramiker nach 1925 in Deutschland
Den größten Anteil an der Verbreitung des Bauhausgedankens im eigenen Land hatte Otto Lindig durch seine Lehrausbildung an der Bauhochschule, durch die eigene Werkstattarbeit von 1930–1947 und ab 1947 mit einer Professur an der Landeskunstschule Hamburg7 sowie mit Entwürfen für die Karlsruher Keramikmanufaktur Majolika. In den Produkten und in dem, was er seinen zahlreichen Schülern und späteren Lehrlingen vermittelte, lebte der Bauhausgedanke nicht nur weiter, er vervielfältigte sich wieder in deren Produktion und Ausbildung junger Menschen.8